Vorgeschichte
Als wir 2009 mit unseren ersten beiden Galloways begonnen haben, waren Naturschutzflächen mit Beweidung in unsere Gegend eher noch kein Thema. Später kamen wir wegen Zukauf von weiteren Zuchttieren viel in Deutschland umher, und sahen dabei, besonders im Norden von Deutschland viele Naturschutzflächen mit Galloways. Dabei kam bei uns der Gedanke auf, so etwas auch gerne machen zu wollen.
Wir lernten im Laufe der Zeit immer mehr gleichgesinnte Gallowayzüchter kennen, die mit ihren Galloways schon länger auf Naturschutzflächen arbeiteten, bei denen wir uns informieren konnten. Im Jahr 2020, erfuhren wir durch einen Zufall, dass der Landkreis Ebersberg seine Naturschutzflächen im Brucker Moos beweiden will, um diese zu Pflegen und einen ungestörten Lebensraum für diverse Insekten und Vögel (hauptsächlich Wiesenbrüter) zu schaffen. Daraufhin erkundigten wir uns bei der unteren Naturschutzbehörde vom Landkreis Ebersberg (UNB) über den aktuellen Stand des Projekts, allerdings wurde uns erklärt das sich das Projekt „Brucker Moos“ noch in der Anfangsphase befand. Also warteten wir!
Im Sommer 2022 wurden wir und noch viele andere Interessierte zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Bei dieser Veranstaltung stellte der Landkreis vertreten durch die UNB und den Landschaftspflegeverband, das Projekt „Brucker Moos“ vor. Wir bekamen Einblick, um welche Flächen es sich handeln würde, außerdem welche Tierarten es sein sollten. Das Ziel der Beweidung ist, die Flächen von Verbuschung freizuhalten und durch die Ausscheidungen der Rinder Insekten anzulocken, welche als Nahrungsquelle für z.B. Wiesenbrüten und andere Tierarten dient.
Außerdem wünscht sich der Projektträger „Landkreis Ebersberg“, eine enge Zusammenarbeit mit dem Landwirt/Tierhalter und ein engmaschige Tierbetreuung. Wir machten uns Gedanken ob wir die Ziele und Vorgaben der UNB einhalten könnten und ob diese Aufgabe für unseren Familienbetrieb zu schaffen wäre. In einem Gespräch mit der befreundeten Familie Garnreiter („Doimahof aus Alxing) entstand zunächst der Gedanke und dann der Entschluss, sich gemeinsam für das Projekt „Brucker Moos“ zu bewerben. Die Familie Garnreiter ist für uns der ideale Partner, da sie sich in der unmittelbaren Nähe der Weideflächen befinden. Außerdem ist Thomas Garnreiter sen. zufällig Jäger auf einem Großteil der Fläche. Durch seine Erfahrung als Jäger besteht zudem die Option, selbst einen stressfreien Weideschuss der zu schlachtenden Tiere durchzuführen. Durch die Kooperation wird zudem die Arbeitsbelastung für jeden Beteiligten verringert und zur Lösung von Problemen hat man eine größere Kompetenzbandbreite. Nachdem wir uns alles gut überlegt und eine umfangreiche schriftliche Bewerbung ausgearbeitet hatten und es für das Projekt „Brucker Moos“ eine öffentliche Ausschreibung gab, bewarben wir uns. Es war uns wichtig eine professionelle Bewerbung abzugeben, die unsere Erfahrung und Wissen in der Mutterkuhhaltung- und Weidehaltung wiederspiegeln sollte. Dazu holten wir unsere Tochter Fr. Dr. Christian Tristl, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Bonn, mit ins Boot. Es war spannend, wir mussten nun warten. Kurz vor Weihnachten 2022 erhielten wir einen Anruf der UNB, wir wurden unter 9 Mitbewerbern ausgewählt, mit unseren Tieren das Projekt „Brucker Moos“ zu betreuen.
Das war das „Weihnachtsgeschenk 2022“, wir freuten uns riesig. Im neuen Jahr 2023 hatten wir erstmal eine Besprechung im Landratsamt, es wurde von beiden Seiten nochmals genau erläutert, was man sich für die Zukunft vorstellt. Es werden immer wieder gemeinsame Besichtigungen der Fläche stattfinden, oder auch Öffentlichkeitsarbeit notwendig sein. Der Zaun wurde gebaut, Tränken wurden gekauft und von unserem Sohn Magnus und Thomas Garnreiter jun. Installiert. Außerdem wurden, damit die Flächen um die Tränken, nicht verschlammen, Matten verlegt. Viel Arbeit und die Zeit wurde knapp, immerhin sollten die Galloways Anfang Mai ins „Brucker Moos“ einziehen.
Im „Brucker Moos“
Dann Anfang Mai 2023 war es soweit!
Die Tiere sollten möglichst schonend auf die Fläche gebracht werden. Wir organisierten unseren Viehhändler Schauberger aus Ebersberg. Dieser hat einen Viehlastwagen, mit dem wir die Tiere am schnellsten, und für Tier und Mensch bequemsten, ins „Brucker Moos“ bringen konnten. Das Aufladen und fahren wurde von unseren Galloways in aller Ruhe hingenommen. Von Kastenseeon aus ging es dann, auf die Naturschutzflächen „Brucker Moos“. Dort angekommen, begrüßten uns einige Zaungäste, auch die Damen und Herren der UNB und des LPV waren anwesend.
Den Augenblick als die ersten Tiere vom Hänger, auf die großen Naturschutzflächen gingen, werden wir so schnell nicht vergessen. Nachdem das Schauberger Team dreimal fuhr, hatten wir 18 Galloways (Mutterkühe, Kälber, Zuchtbulle, u. Ochsen) auf einer Fläche von 22ha.
Alle Beteiligten arbeiteten sehr gut zusammen, als Lohn, stehen jetzt unsere Galloways auf einer für unsere Verhältnisse riesigen Fläche und erfreuen sich ihrer Freiheit. Unsere Galloways, haben genügend Futter, viel Ruhe, Wald für den Schatten den sie im Sommer dringender brauchen als ein Dach. Die tägliche Herdenkontrolle, wird wöchentlich zwischen den beiden Familien geteilt. Unsere Galloways sind sehr menschenbezogen und suchen immer Kontakt, wenn wir die weidläufigen Weiden betreten. Unser Eindruck: Sie sind sehr zufrieden mit ihrer neuen Heimat.
Es wird angestrebt, in Zukunft eine zweite Herde mit einer anderen Rinderrasse oder Wildpferden (z.B. Konik Ponys) aufzubauen und eine biologische Vielfalt zu erschaffen. Erst wird im Herbst/ Winter 2022/23 der Zaun um eine weitere Teilfläche vergrößert, bis zum Jahr 2024/25 wird die komplette Projektfläche mit ca. 54ha eingezäunt und nach Bio-Richtlinien beweidet und bewirtschaftet.
Mit den Flächen, wird unsere Gallowayherde moderat wachsen, da nur sehr extensiv mit höchstens bis zu 1,0 GV beweidet wird. Das heißt auf einem ha Fläche steht ein ausgewachsenes Rind, das ist notwendig um die Flächen zu schonen, die Ziele in Bezug auf dem Umwelt- und Klimaschutz einzuhalten und genügend Futter für die Tiere zu haben. Um die Tierhaltung so natürlich wie möglich zu gestalten wird eine Ganzjahresbeweidung angestrebt, das heißt im Winter stehen auch Galloways auf den Weiden. Auf einem Teil der Fläche wird im Sommer Heu produziert, welches uns in den Wintermonaten als Futter zur Verfügung steht. Somit muss kein Futter von anderen Flächen importiert werden.
Wir müssen uns trotz allem, auch immer mal wieder von einem unserer Tiere trennen. Einige von ihnen gehen in die Zucht, wir sind ein anerkannter Herdbuchbetrieb. Aber die anderen überzähligen Tiere, vor allem Ochsen werden nach ca. 3 Jahren geschlachtet und werden dann von uns auf unserem Hof selbst vermarktet.
Das Fleisch der Bio-Ochsen und Färsen wird als einmaliges Produkt im Landkreis Ebersberg als „Weidefleisch Brucker Moos“ vermarktet.
Eine große Herausforderung ist die Vermarktung des Fleisches. Wir wollen unsere Tiere nicht an einen Schlachthof verkaufen, sondern das Fleisch in der Direktvermarktung verkaufen. Dadurch bleibt die Wertschöpfung bei uns. Außerdem stellen wir dadurch einen direkten Kontakt zwischen Landwirten und Verbrauchern her und ermöglichen einen Dialog miteinander.
Weidefleisch Brucker Moos
Mit unseren Rindern pflegen wir wiedervernässte Moorflächen und schaffen dadurch gleichzeitig Lebensraum. Die wiedervernässung wird durch die Verschließung der bestehenden Drainagen erreicht. Dadurch ist der Moorboden in der Lage enorme Mengen an CO2 zu speichern. Durch die Verhinderung der Verbuschung durch extensive Beweidung schafft man unterschiedliche Strukturen (höheres Gras, kurz abgefressenes Gras, brache Stellen im Grünland), welche als Lebensraum für viele verschiedene Insekten, Amphibien, Vögel und andere Tierarten dienen. Außerdem stellen die Ausscheidungen der Tiere eine Nahrungsquelle für verschiedene Insekten dar. Die Insekten dienen wiederrum als Nahrung für Vögel und andere Tiere.Wir pflegen stets einen ruhigen und respektvollen Umgang mit unseren Tieren, für deren Wohl wird durch tägliche Kontrolle und Verpflegung gesorgt. Jedes Rind hat einen Namen und wir kennen die Charaktereigenschaften jedes einzelnen. Die Kälber bleiben bis deren natürlichen Milchentwöhnung (ca. 8 – 10 Monate) bei den Mutterkühen dabei. Die Rinder welche geschlachtet werden, dürfen bei uns doppelt so lange leben als in einer herkömmlichen Bullenmast, sie sind bei der Schlachtung ca. drei Jahre alt.
Das Fleisch an sich hat durch die Haltung, Fütterung und das Alter der Rinder einen besonders intensiven Fleischgeschmack. Da ausschließlich Ochsen und Färsen geschlachtet werden sollen hat das Fleisch einen etwas höheren Anteil an intramuskulärem Fett, ist feinfaserig, saftig und aromatischer als das von Bullen.
Das Fleisch unserer Rinder, unser Produkt, vereint dadurch beste Qualität mit Umwelt und Klimaschutz, Tierwohl auf höchster Ebene und Regionalität. Jeder der es kauft unterstützt uns dabei, diese Art der Rinderhaltung aufrecht zu erhalten. Es muss uns bewusst sein, dass nur durch den Konsum des Produktes aus einer solchen Tierhaltung, eine solche Tierhaltung überhaupt ermöglicht.
Wir freuen uns auf ein tolles Projekt mit allen Beteiligten.